und die neue Honda Africa Twin CRF 1100 L
Die Honda Africa Twin, bereits seit den 80ern am Markt und mittlerweile eine Legende. Die Geschichte dahinter ist eigentlich recht unspektakulär, aber dennoch beeindruckend. In den 1980ern bekam die Rennsportabteilung von Honda (HRC – Honda Racing Corporation) den Auftrag eine gelände- und wüstentaugliche Maschine zu entwickeln, mit der man die BMW R80GS vom Rallye Dakar-Thron stoßen könnte. Und sie haben es einfach getan!
Kurz darauf wurde die NXR 750 V vorgestellt und in den Athletikdienst gestellt. Dort gewann sie gleich auf Anhieb die anspruchsvollste Rallye von 1986-89 und die Basis für die Africa Twin wurde geschaffen.
Die Africa Twin wurde dann durchgehend bis 2003 weiterentwickelt und verkauft. Danach kam das Aus. Aber es war nur eine Pause, denn 2016 kehrte die Legende nach einem langen Schönheits- und Erholungsschlaf zurück und ließ viele Adventureherzen höher schlagen. Optisch in Anlehnung an die erfolgreiche Vorgängerin aber keineswegs altmodisch, technisch auf dem aktuellsten Stand und mit einem Zuwachs von 250 ccm auf runde 1000 stand sie nun da. Als ob man die Geschichte wiederholen wollen würde und zeigen möchte was Honda alles kann.
Im Herbst 2019 war es dann wieder soweit und die Japaner stellten uns die CRF1100L vor. Es war wieder mal an der Zeit die ehemals „Queen of Africa“ zu überarbeiten und auf den aktuellsten Stand zu bringen oder vielleicht sogar ein bisschen darüber hinaus?
Wie auch schon bei beim Vorgänger gibt es wieder eine „Adventure Sports“-Variante mit mehr Extras und einem größeren Tankvolumen.
Nachdem wir sie uns schon auf der EICMA in Mailand angesehen haben, wurde das Warten auf die ersten Vorführer und Testmöglichkeiten härter. Umso größer die Freude als unser Honda-Dealer des Vertrauens – Kris Rosenberger – endlich die ersten Bikes bekam.
Wir haben unseren Test mit der Adventure Sports mit dem voll elektronischen SHOWA EERA™ (Showa Electronically Equipped Ride Adjustment) Fahrwerk angetreten.
Dieses, extra für die Twin entwickelte Fahrwerk, ist bestimmt das Herzstück der Adventure Sports. Es verleiht ihr ein unglaublich angenehmes und extrem präzises Handling und sorgt stets für das ideale Setup.
Das Fahrwerk ist nicht das Einzige, was die Honda an Elektronik mit sich bringt. Hier wird gezeigt in welche Richtung die Zukunft der Motorräder hingehen wird. Sie ist mit zwei Displays ausgestattet, eines das konstant die Geschwindigkeit, den Gang und die Gesamtkilometer anzeigt und einem 6,5 Zoll TFT-Touch-Farbdisplay, welches eine Vielzahl an Parametern zeigt. Aber nicht nur angezeigt wird viel, sie ist komplett individuell programmierbar. Im Stillstand kann man hier zwei Benutzermodi programmieren, bei denen man neben dem Fahrwerk auch die Gasannahme, Traktionskontrolle, ABS, Wheelie-Control und sogar die Motorbremswirkung ganz nach seinen Wünschen und Einsatzgebieten einstellen kann. Das Display kann auch über Apple Carplay die Navigation übernehmen.
Das erste Anlassen
Nachdem ich mich, zumindest im Ansatz, mit der umfangreichen Elektronik angefreundet hatte, wurde sie erst Mal angelassen. Auch hier haben sich die Ingenieure was einfallen lassen und haben den elektrischen Starter an den Bordcomputer angeschlossen. Somit ist ein kurzes Betätigen des Startschalters ausreichend und der Computer startet den Motor von selbst.
Die ersten Meter hielten auch schon die nächste Überraschung für mich parat. Den Klang.
Bereits mit dem Serien-Werksauspuff hat sie einen unglaublich guten und kernigen Klang und gepaart mit dem Quickshifter wird auch der Schaltvorgang akustisch sehr ansprechend untermalt.
Jetzt aber genug zu den unglaublich vielen Features und Gadgets der Twin, wie lässt sie sich fahren? Sie ist ja vom Motorvolumen gewachsen. Sie spielt jetzt bei den großen mit, obwohl man sich bei der Leistung weiterhin in vornehmer Zurückhaltung übt. Man hat ihr lediglich 7 PS mehr zugesprochen und so kommt sie auf gerade mal 102 PS in Summe. Was zwar eine extreme Materialschonung verspricht aber unter Umständen auch ein wenig Einbußen beim Fahrspaß mit sich bringt, oder?
Diese Zweifel, dass sie unter Umständen zu wenig Leistung hätte, wurden relativ schnell ausgeräumt. Da neben dem kleinen Leistungszuwachs auch das Drehmoment angehoben und das Gewicht etwas gesenkt werden konnte, macht sie unglaublich viel Spaß. In absolut allen Belangen. Bei ausgedehnten Fahrten über weite und kurvige Landstraßen fällt einem der Begriff über die Straßen „fliegen“ ein. Das Fahrwerk leistet absolut großartiges. Trotz ihres 21er Vorderrades lässt sie sich auf höchstem Niveau sportlich bewegen und ist auch bei stärkster Schräglage extrem stabil und lässt sich sehr präzise und ohne große Korrekturen durch Kurven lenken.
Wenn einem mal der Asphalt unterwegs ausgeht, geht der Spaß mit ihr aber definitiv weiter. Sobald man unwegsames Terrain betritt, zeigt die einstige „Queen of Africa“ welche Gene in ihr stecken. Mit einer Leichtfüßigkeit und einem sehr ausgewogenem sowie gutem Gefühl an der Kupplung lässt sie sich auch easy über größere Hindernisse bewegen. Das Gewicht von 238 kg ist dabei beinahe nicht zu spüren.
FAZIT:
Ich persönlich bin ja ein Adventurebike-Junkie und liebe die großen und dicken Bikes. Noch lieber bewege ich sie im Grenzbereich. Mir hatte die Vorgängerin schon viel Spaß gemacht, jedoch waren mir die Grenzen bei ihr etwas zu schnell erreicht. Sie war in allen Bereichen gut, aber das gewisse Etwas hat mir gefehlt. Richtig sportliches Andrücken war nicht so ihr Ding und im Gelände ließ sie sich zwar gut Fahren, aber es fehlte ein wenig der Punch. Meine Erwartungen an die gewachsene Nachfolgerin waren also dementsprechend hoch. Und ich muss sagen, sie hat sie alle Übertroffen. Sie legt in allen Bereichen wirklich eine top Performance an den Tag. Das Fahrwerk kommt mit sportlichster Fahrweise auf Asphalt bestens klar und man hat nie das Gefühl mit einem schmalen 21er Rad unterwegs zu sein. Auch im Gelände hat sie jetzt das nötige Drehmoment, um einem ein großes Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Sie ist also für so ziemlich jeden Spaß zu haben – siehe Fotos 😉
Für mich ist sie aktuell eines der besten, ausgewogensten und stylischsten Adventurebikes am Markt. Vor allem weil mit ihr wirklich jedes Abendteuer möglich ist und dabei auch noch riesig Spaß macht. Sie legt die Messlatte für den Mitbewerb gewaltig hoch und ist ihrer Zeit voraus.
Größter Wermutstropfen ist die Leistung, hier würde aber bestimmt eine Anpassung an der Übersetzung einiges gut machen. Immerhin ist sie so perfekt ausgewogen, dass einem die 102 PS stets als deutlich mehr vorkommen und man im Normalbetrieb kaum am oberen Leistungsende ansteht.
Technische Infos und Daten hier.
In diesem Sinne – absolute Probefahrtempfehlung von mir!
• Honda – Kris Rosenberger Graz
• Honda Österreich
Fotos: Honda, Walther Hillbrand