Garmin ZUMO XT – Motorradnavi im Praxistest

Wir haben unseren “Inspector Gadget” alias Wurli gebeten uns seine ersten Erfahrungen mit dem Garmin ZUMO XT zusammenzufassen. Er sieht es sich genau im vergleich mit dem quasi Vorgänger, dem Garmin ZUMO 595 an. Danke an dieser Stelle für deinen Gastbeitrag!


 

Graz|Inspector Gadget

Seit ca. 15 Jahren verwende ich Geräte von Garmin sowohl für die Fahrrad-, als auch Auto- und Motorrad-Navigation. In all diesen Jahren sind immer wieder neue Geräte mit zusätzlich Funktionen auf den Markt gebracht worden, die leider teilweise eklatante Mängel aufwiesen, welche nicht immer durch Firmware-Updates behoben werden konnten. Als symptomatisches Beispiel führe ich hier nur den Batteriestecker des zumo 595 an, dessen Pins man zwar mittels Uhrmacher-Feinwerkzeug ein wenig nachbiegen konnte, der aber trotzdem innerhalb kürzester Zeit durch mangelhaften Kontakt entweder den falschen Akku-Ladestand anzeigte (und damit auch das ohnehin schon schwach beleuchtete Display noch dunkler wurde)  oder das Gerät beim Unterbrechen aus der Halterung wortlos abschaltete. Manche Tüftler löteten sich daraufhin die Akku-Anschlussdrähte auf die Platine – funktionierte zwar, aber doch eine sehr brutale Methode. Über die Eigenheit, sich nur mehr durch Unterbrechung der Stromzufuhr vom Akku (also Entnehmen aus der Halterung, Akkudeckel aufmachen, Akku-Stecker raus und wieder reinpfriemeln) wiederbeleben zu lassen, sollte sich der Akku in der Motorradhalterung ohne eingeschaltete Zündung komplett entladen haben, will ich erstmal hinwegsehen. Immerhin konnte man den Akku problemlos wechseln und mit viel Glück während einer kurzen Rast auch mal mit dem Navi am Tisch die Route bearbeiten oder umplanen.

So gesehen war ich ziemlich neugierig auf den neuen zumo XT und habe ihn mir bei Verfügbarkeit auch gleich bestellt. Eine Woche später hielt ich die Schachtel in der Hand und freute mich schon auf´s Auspacken – was wird wohl alles dabei sein? Gibt es eventuell sogar eine vernünftige Motorradhalterung mit einem steckbaren Kabelbaum, die sich bei einem Modellwechsel ohne großen Aufwand umstecken lässt? Die Leute von Garmin haben ja anscheinend noch nicht realisiert, dass ein fix montierter Kabelbaum an einer Halterung bei einem „Upgrade“ einen teilweise erheblichen Montageaufwand nach sich zieht – bei meiner Africa Twin z.B. sind die Sturzbügel und die komplette Verkleidung zu entfernen, um an den Stromanschluss im Cockpit zu gelangen.
Nun, eine geänderte Halterung gibt es sehr wohl, welche aber nur mehr äußerst minimalistisch ausgeführt ist – eine Montageplatte und einen selbst darin zu montierenden Stromstecker mit 2 Polen, alle anderen Anschlüsse (für externe Audio Ein- und Ausgänge sowie die Verkehrsfunkantenne) sind weggefallen, die Konnektivität beschränkt sich auf WLAN und Bluetooth. Ob das Halterungs- bzw. Anschlussprinzip bei künftigen Modellen beibehalten wird, ist zu hoffen.

Apropos Konnektivität: Beim näheren Betrachten des zumos und der vorhandenen Anschlüsse traute ich meinen Augen nicht: Ja, Garmin verbaut im Jahr 2020 eine Mini-USB-Buchse. Ok, die mag ja vielleicht robuster als eine Micro-USB-Buchse sein, aber aktueller „State of the Art“ ist einfach USB-C, nicht nur weil der Stecker „verdrehsicher“ ist. Dass gerade hinsichtlich Wasserdichtheit und Vereinfachung der Montage eine drahtlose Ladeoption weitaus besser gewesen wäre, zeugt auch nicht gerade von Innovationsgeist.

Entschädigt wird man für diesen offensichtlichen Mangel beim Einschalten des zumos – die Displayhelligkeit ist super! Und nicht nur das – als ich bemerke, dass die Helligkeit erst auf 50% eingestellt ist und ich testweise auf 100% aufdrehe, werde ich geblendet, aber wie! Der zumo geht durchaus auch als Taschenlampe durch, sollte einmal keine dabei sein… (Vergleich siehe Titelfoto)

Nach zwei Update-Durchgängen (in Verbindung mit einem PC und Garmin Express) und drei Anläufen, den XT mittels Bluetooth mit der neuen „Garmin Drive“-App auf meinem iPhone zu verbinden (wobei sich die ersten beiden Male die App auf meinem iPhone 11 mit aktuellester iOS-Version wortlos vertschüsst), ist es soweit – ich lade eine mittels Basecamp geplante Route auf das Gerät und suche (wie bei den zumos 660 und 595 üblich) unter „Zieleingabe“ nach der soeben erfolgreich importierten Route. Fehlanzeige. In diesem Menü gibt es keine Routen. Nach mehrfachem Durchsuchen der möglichen Zieloptionen lese ich im Handbuch nach. Ok, ich gebe zu – ich bin keine Handbuchleser. Ausser es ist mir sehr fad ;-).

Auch dort findet sich die Routen-Auswahlfunktion nicht intuitiv auf Anhieb, aber dann – „starten Sie die Routenplanungs-App“. Aha, eine eigene „App“ für die Routenplanung. Weshalb diese aus dem Zieleingabe-Menü verbannt wurde, erschliesst sich mir nicht. Aber gut – so schaue ich mir die vorhandenen Apps durch.

Dabei fällt mir auf – es gibt keine Reifendruckanzeige-App mehr. Ich suche weiter, durchforste das Internet und stosse auf diverse, meist englischssprachige Foren, in denen über Anfragen an Garmin USA berichtet wird: Das zumo XT ist mit den original Garmin Reifendrucksensoren (die immerhin pro Stück ca. 70 Euro kosten!) nicht mehr kompatibel. Na Bumm, das ist aber ein starkes Stück!

Sofort erinnere ich mich an ein früheres „Meisterstück“ von Garmin: Seit ewigen Zeiten verwende ich bei meinen Radtouren Herfzfrequenz-Brustgurte. Da ich seit einigen Jahren auch am Rad Garmin-GPS-Geräte einsetze,  gehört natürlich auch ein Garmin HF-Sensor dazu, da nur dieser mit der ANT-Technologie von Garmin kompatibel ist. Zusätzlich besitze ich auch eine Polar-Sportuhr für die HF-Messung bei anderen Sportarten, die wiederum nur mit Polar-HF-Sensoren kompatibel ist und Bluetooth-Technologie verwendet.

Als nun Polar mit dem H10 im Herbst 2017 einen Sensor auf den Markt bringt, der sowohl Bluetooth- als auch ANT+-Konnektivität untersützt, gibt es von Garmin kurze Zeit später ein Firmware-Update (!) für ihren HF-Sensor, der ebenfalls die Bluetooth-Konnektivität „nachreicht“ – ohne jegliche Hardware-Modifikation. Das bedeutet, dass die Option schon immer im Garmin-Sensor „schlummerte“, es aber ohne Konkurrenzdruck nicht für notwendig erachtet wurde, dem Kunden diese Option beizugeben.

Wie ich in den versteckten Entwickler-Einstellungen (erreichbar durch längeres Drücken auf den „Tacho“ auf der Reiseinformationsseite) des zumo XT sehen konnte, gibt es dort auch einen Menüpunkt für einen integrierten ANT-Chip…vielleicht ist Garmin ja gnädig und reicht die Kompatibilität für die eigenen Reifendrucksensoren nach. Das wäre auch für die fehlenden Kontrollmöglichkeit von Garmin VIRB-Kameras nötig. Dass man im Entwicklermenü u.a. Infoseiten über einen eingebauten Beschleunigungssensor findet, lässt die Vermutung zu, dass hier noch einiges kommen könnte.

 

Features, die mir gut gefallen:

• Einfache Verwendungsmöglichkeit im Hoch- oder Querformat

• Flotte Reaktion auf Bildschirmberührung, endlich ein ähnliches „Touch&Drag&Zoom“ Feeling wie bei aktuellen Mobiltelefonen

• Flotte Berechnung von Routen und Umwegen

• Der XT ist ein Leichtgewicht! (speziell im Offroad-Bereich mit den starken Vibrationen wirkt sich das sicher positiv auf die Haltbarkeit von Halterungen aus)

• Topografisches Kartenmaterial für Offroad-Navigation

• In Kombination mit einem inReach-Satellitenkommunikationssystem verwendbar

• Unfallerkennung und automatische Benachrichtigung

• Trackaufzeichnung

• Weitergabe von Tracks und Routen via Mobiltelefon (Garmin Drive-App)

• Gut funktionierende Konnektivität mit meinem Cardo Packtalk Bold (bis auf die Tatsache, dass während der Fahrt jede Geschwindigkeitsbegrenzung mit einem „Bing“-Warnton angekündigt wird und dabei für ca. 6-8 Sekunden (!) die laufende Kommunikation mit den „Buddies“ unterbricht, hoffentlich kann ich das noch irgendwo deaktivieren)

• Schieberegler für die Intensität von der Option „kurvenreiche Strecke“ bei der Routenberechnung

• Gut designte Anzeige von eingehenden Mobiltelefon-Anrufen und Nachrichten

 

Alles in allem bin ich nach der ersten Testausfahrt mit dem zumo XT – dem Display und der Geschwindigkeit sei Dank – sehr zufrieden und werde meinen zumo 595 wohl zum Verkauf anbieten. In Hinblick auf diverse nervende „Kleinigkeiten“ (wie zB im Naviboard-Forum https://www.naviboard.de/thread/64556-dinge-die-mich-nerven-am-zumo-xt/ aufgelistet) und die fehlende Konnektivität mit den Garmin Reifendruck-Sensoren und den Garmin VIRB-Kameras muss der Platzhirsch aber noch ordentlich nachlegen!

Euer Wurli!

Hier gehts zum Navi:
(Afiliate)

3 Gedanken zu „Garmin ZUMO XT – Motorradnavi im Praxistest

  1. vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht.
    Eine Frage die mich beschäftigt, wenn ich im Modus Route unterwegs bin und demnächst Tanken möchte, wie viele Button muss ich drücken um eine Liste der nächsten Tankstellen an der Route zu erhalten.
    Hintergrund ist ein kleiner Tank und ich möchte so spät wie möglich tanken.
    Wäre auch interressant mit Spritpreisen, um günstigste Tanke zu wählen

    Beste Grüße
    Günter Kegel

  2. Hallo, wie wärs mal mit einem Bericht über BikerSOS, die App für Motorradfahrer*Innen mit Unfallerkennung? Dazu gibt es jetzt auch den speziell entwickelten Motorrad GPS Tracker 😉

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