Nahezu jeder Motorradhersteller gibt jährlich Millionenbeträge für die Forschung und Entwicklung von Fahrassistentssystemen aus. Ja, es ist regelrecht ein eigener Industriezweig und das ist auch gut so. Immerhin ist es eine Investition und Entwicklung für unsere Sicherheit.
Aber ein Assistentssystem wird leider sehr oft vergessen und vernachlässigt, dabei ist es serienmäßig bei jedem Biker dabei. Ein System, welches auch gänzlich ohne Elektronik auskommt. Es muss lediglich gut konfiguriert sein und regelmäßig geupdatet werden – um es in einer, heute verständlichen Sprache, auszudrücken. Es ist das älteste Assistentssystem überhaupt und auch heute noch eines der besten, das wird sich vermutlich auch nicht ändern.
Es ist unser Unterbewusstsein (UBS 😉 ).
Unser Unterbewusstsein, hat unglaubliche Fähigkeiten, sofern es auf die richtigen Parameter, also Verkehrssituationen, Fahrmanöver etc. trainiert ist. Es ist ein System, welches kostenlos jedem Biker zur Verfügung steht und auf das auch Verlass ist, wenn es eben ordnungsgemäß eingesetzt wird.
Was meine ich damit? Wir alle haben es, also wirklich jeder und es funktioniert grundsätzlich bei jedem Menschen gleich. Es wird auf etwas eingeschult, antrainiert, gewöhnt, sensibilisiert und wenn es dann zu einer Situation kommt, welche der Norm nicht entspricht, greift es ein. Das kann sich als Alarmglöckchen im Kopf oder sogar durch Reaktionen und Korrekturmanöver auswirken, die eben komplett unbewusst gesetzt werden und das ganze blitzschnell.
Wir nehmen im Schnitt etwa 8 Informationen pro Sekunde wahr und brauchen bis zu drei Sekunden um einen Gedanken zu Ende zu denken. Das ist ganz schön viel Zeit im Straßenverkehr. Unser Assistenzssystem hingegen, verarbeitet mindestens 80.000 Informationen pro Sekunde.
ABER, natürlich gibt es auch hier ein ABER, das was die Industrie mit Ihren Wissenschaftlern, Tests und Experimenten machen, müssen wir genauso machen. Unser System muss auch konfiguriert werden und muss die „Norm“ erlernen und gewöhnt werden.
Wie funktioniert das? Grundsätzlich ist da keine große Hexerei dabei. Das Unterbewusstsein ist sehr aufmerksam und bei jedem gefahrenen Meter dabei und „lernt“ bzw. Beschreibt seinen Speicher mit all diesen Informationen. Das bedeutet, dass sich mein Fahrstil als Basis einspeichert. Kommt es jetzt zu einer Situation, in der meine aktuelle Fahrt oder Manöver, der „Norm“ nicht mehr entspricht, beginnt sich das System zu melden.
Da sich dieses System kaum umgehen lässt, ist es umso wichtiger es stets mit gutem „Material“ zu versorgen und nicht mit falschen Basisdaten zu füttern. Damit meine ich eine schlampige Linienwahl, ungenauer Blick etc. All diese Dinge, die wir zwar meistens genau wissen, aber oft vernachlässigen.
Sehr oft, wenn ich mit einem Biker, im Zuge einer Analyse, ein riskantes Manöver bespreche, kommt die Aussage: „Es ist sich eh ausgegangen“ oder „Normal mache ich das nicht, nur wenn es wirklich passt“. Aber genau da liegt der Hund begraben. Wer seinem System solchen Input gibt, desensibilisiert hier unnötig seine Sensoren.
Ein einfaches Beispiel, welches mir, im Zuge meiner Trainertätigkeit sehr oft unterkommt: Ein Biker ist sich bewusst, dass der Gegenverkehrsbereich absolut tabu ist, denn kaum etwas ist so gefährlich, wie dort hinein zu geraten wenn Gegenverkehr herrscht. Genau dieser Biker fährt dann aber auf geraden und übersichtlichen Stellen sehr mittig und „schneidet“ vielleicht auch kleinere Kurven. Schön und gut, wäre so, in der Situation, auch nicht das große Problem, man sieht ob Gegenverkehr kommt etc. Nur, was ist hierbei die Message an mein Unterbewusstsein? Es gewöhnt sich an die Fahrbahnmitte und wird mir dann in weiterer Folge nicht mehr als „Warnsystem“ in diesem Zusammenhang dienen können.
Also nutzen wir doch, die uns verfügbaren, kostenlosen und einfachen Helferlein. Geben wir ihm stets vor wie es sein soll (Linienwahl, Blickführung etc.) und es wird uns dann in Bedarfsfall auch eine kleine Unterstützung sein.
Eine der Möglichkeiten, dieses UBS noch effektiver zu Trainieren, ist ein Videotraining. Hierbei wird zusätzlich ein Bild zu meinen „Erfahrenen“ Informationen abgespeichert und so können die neurologischen Verknüpfungen im Gehirn noch schneller und stärker aufgebaut werden.
In diesem Sinne, eine gute Fahrt und viele tolle Informationen 😉
Foto: Daniel Obersberger
Bike: KTM 1290 Super Duke R, Euro Motors Graz
Fahrer: Viktor Sator
Ein Gedanke zu „Das beste Assistenzsystem ist Serienausstattung!“